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Frank Winter

Frank Winter, 1963 in Karlsruhe geboren, lebt in Frankfurt am Main, wo er Germanistik, Soziologie und Philosophie studiert hat. Sein Buch-Debut hieß »Badener Land – heiter betrachtet« (Tomus Verlag), ein humoristischer Reiseführer über Land, Menschen und Kultur Badens. Im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte hat er außerdem zahlreiche Artikel über nahe und ferne Länder und ihre Küchen verfasst. Wenn er nicht gerade schreibt oder recherchiert, steht er am liebsten in seiner Küche und kocht mehrgängige Menüs für Freunde und Verwandte. Nicht zu vergessen natürlich die Reisen in seine Wahlheimat Schottland.


Interview mit Frank Winter

Zu »Dicke Luft in der Küche«

1. Die Beschreibung der Sekte um Maureen MacBeth erinnert an den Breatharianismus und die Australierin Ellen Greve, die behauptete, sich lediglich von Licht zu ernähren, ein überwachtes Experiment jedoch nach kurzer Zeit abbrechen musste. Waren Sie mit Anhängern dieser Bewegung in Kontakt, haben Sie einen persönlichen Bezug zu diesem Thema?
Oh, my goodness! Zum Glück nicht. Da hätte ich vermutlich peinlicherweise lachen müssen. Nein, ich habe vor einigen Jahren einen Artikel über die Dame im »Scotsman« in Edinburgh gelesen. Und irgendwie hat mich das Thema nicht mehr losgelassen. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen. Da behauptet jemand, sich ausschließlich von Licht, bzw. im Buch von Luft, zu ernähren.

2. Würde es Sie reizen, Star einer Kochshow zu werden, oder überlassen Sie das lieber Ihrem Protagonisten?
Eine prächtige Frage! Warum nicht. Haben Sie ein interessantes Angebot für mich?

3. Ihre Meinung zur Atkinsdiät?
Ich bin hin und her gerissen. Auf der einen Seite finde ich es bewundernswert, dass etwa Prinz Philip sich mit dieser Diät noch in hohem Alter eine schlanke Figur bewahrt. Auf der anderen Seite wäre ich zu sehr Genussmensch, um mich solch rigider Kasteiung hinzugeben. Mir ist ein Full Scottish Breakfast auf dem Teller allemal lieber als saure Flugananas.

4. Wo wohnen Sie, wenn Sie in ihrer zweiten Heimat sind – in Guest Houses wie der Villa Buongiorno? Gibt es ein Vorbild für die beiden Besitzer, das italienische Ehepaar?
Ich habe in Edinburgh zu Beginn als Gast, dann als guter Freund der Eigentümer eines Guest Houses übernachtet. Sie stammen aus Italien bzw. Spanien. Und bevor meine Freunde ihr Guest House aus Altersgründen aufgaben, durfte ich es während ihres Urlaubes nebst dem Kater mehrfach hüten. Natürlich ohne Gäste, denn ich hatte alle Hände voll zu tun, mit mir und dem Hausgespenst. Inzwischen wohne ich in einem anderen Guest House. Aber zu meinen Freunden habe ich immer noch Kontakt.

Zu »Whisky für die Engel«

1. Gibt es einen Whisky, der Ihnen so gut schmeckt, wie MacDonald senior The Famous Grouse?
Wenn ich zu einem Blended Scotch Whisky, zu denen The Famous Grouse zählt, greife, ist das zum Beispiel Teacher’s. Und bei den Single Malts hängt es davon ab, wie viel Platz ich hier zur Verfügung habe … Scherz beiseite. Ich mag besonders die Tropfen von der Insel Islay, Laphroaig zum Beispiel. Von der Insel Skye ist es Talisker, auch ein gut getorfter Whisky. Und dann wollen wir auf keinen Fall meinen alten Freund Edradour aus Pitlochry in den Highlands vergessen.

2. Zu der Stammbesetzung ist in »Dicke Luft in der Küche« wie aus der Hölle die Ernährungsberaterin Miss Armour gestoßen, die wir in »Whisky für die Engel«, dem dritten Band, näher kennenlernen. Bleibt sie uns auch weiterhin erhalten?
Im dritten Band wird sie zur persönlichen Heimsuchung des armen Angus MacDonald. Sie muss aber auch eine herbe Enttäuschung hinnehmen. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass sie im vierten Band, an dem ich gerade arbeite, auch ein Gastspiel hat …

3. Haben Sie die reale Version des Jahrhundertwhiskys, die den Bandwurmnamen »Mackinlay’s Shackleton Rare Old Highland Malt – The Discovery« trägt, einmal selbst probieren können?
Ja, habe ich. Außerdem habe ich den berühmten Master Blender Richard Paterson, gewissermaßen das Vorbild für Alastair Carnegie, und der Schöpfer des Discovery-Whiskys, schon mehrfach auf Whisky-Kongressen getroffen. Ein sehr sympathischer Mann, durch und durch ein Gentleman der alten Schule und immer tadellos gekleidet. Wer einmal die Möglichkeit hat, eines seiner Seminare zu besuchen, sollte das unbedingt tun. Ich habe mich selten bei der Vermittlung von Wissen so gut unterhalten. Richard Paterson bietet eine grandiose Show, besser als Kino!

Zu den Rezepten

1. Wie sind Sie an die Rezepte gekommen – über »Einheimische« oder aus Kochbüchern? Haben Sie die Zubereitung von jemandem gelernt oder sich ohne Anleitung daran gemacht?
Seit über zwei Jahrzehnten reise ich nach Schottland. Dort schaue ich in die Kochtöpfe, schmecke, rieche und verkoste. Und natürlich unterhalte ich mich auch mit Erzeugern, Freunden und Chefköchen, beispielsweise Christopher Trotter und Nick Nairn. Hinzu kommt die eifrige Lektüre historischer Kochbücher. So konnte ich im Laufe der Zeit meine eigene Rezeptsammlung entwickeln, die ich ständig ergänze. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich mir nichts Schottisches in die Pfanne haue.

2. Welches der Rezepte (aus den drei Bänden) ist in Ihrem Freundeskreis besonders gut angekommen?
Da muss ich nicht eine Sekunde überlegen: Ganz eindeutig der Haggis, Schottlands Nationalgericht. Ich hatte für einen Freund und mich die große Version aus »Dicke Luft in der Küche« mit 1,7 Kilo zubereitet, dazu Tatties and Neeps, Kartoffel- und Rübenbrei. Außerdem gab es ein Apfelchutney,
Birnensenf und süßsauer eingelegte Quitten (alles aus eigener Produktion). Ein längerer Spaziergang war danach unausweichlich! Allerdings benötigten wir geraume Zeit, um uns aus den Stühlen erheben zu können. Und auf der Straße sind wir dann wegen Überfüllung so sehr getorkelt, dass ein Polizeiwagen kurzfristig seine Fahrt verlangsamte, um nach dem Rechten zu sehen. Gott sei Dank hatten wir nur Rotwein und keinen Whisky zum Essen getrunken. Und obwohl wir beide wie Kaiser Wilhelm II. Esser von Gottes Gnaden sind, blieb vom Haggis noch reichlich übrig.

3. Haben Sie für die Zutaten des traditionellen Haggis einen Metzger Ihres Vertrauens?
Oh ja. Gerade bei Schafsinnereien ist es wichtig, die Herkunft des Tieres zu kennen. Ich kaufe am liebsten biologische Nahrung oder solche vom Wochenmarkt. Im Falle des Haggis trifft beides zu. Übrigens hat mir ein Metzgermeister, den ich seit über zwanzig Jahren als guten Nachbarn habe, Werner Schickl, beim ersten Testen des Rezepts geholfen. Denn Wurst – Haggis ist letztendlich auch nichts anderes – mache ich auch nicht jeden Tag.

Vielen Dank für das Interview.

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