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Rubine im Zwielicht

Wuppertal-Krimi mit Rezepten

»Wupper-Kurier«-Reporter Wagner ist Augenzeuge eines Mordes in der Wuppertaler Schwebebahn. Scheinbar niemandem fällt die kleine Herrentasche des Toten auf, die Wagner im Gedränge an sich nimmt. Die sich darin befindenden Rubine haben aber einen Makel ...

Leseprobe:

Wagner schloss die Wohnungstür hinter sich und warf die Herrentasche auf den Küchentisch. Er setzte sich und verhielt sich mucksmäuschenstill, als sei er soeben in eine fremde Wohnung eingedrungen. Sein Atem ging schwer. Nicht durchtrainiert, stellte er fest. Wie auch, bei diesem Scheißjob den ganzen Tag zwischen Notebook und Computer.
Wagner horchte nach draußen, dann ruckte er den Reißverschluss der Tasche auf. Er schaute kurz hinein. Da war ein blauer Luftpostumschlag mit asiatischen Schriftzeichen und einer hiesigen Adresse.
Wagner zog den Brief heraus und bestaunte die fremdartigen, fein geschwungenen Buchstaben, die sich in langen Reihen über die Zeilen zogen, ohne einen Abstand zwischen den Worten. Wagner zuckte mit den Schultern, schob den Brief in den Umschlag zurück und zog eine handgroße Cellophantüte heraus. Darin weitere kleinere Cellophantüten, etwas Buntes schillerte ihm entgegen. Ungeschickt drückte er an der Schweißnaht herum, bis sich die Tüte endlich öffnete. Er schüttete den Inhalt aus. Vier blaue Steine kollerten über den Tisch und blieben funkelnd liegen.
Die nächste Tüte enthielt zwei gelbe Steine, wie die blauen erbsengroß. Wagner sah genau hin. Er hatte keinen blassen Schimmer von Edelsteinen. Waren die echt? Die gelben hatten dunkelbraune Flecken. Also doch eher nicht. Die anderen beiden Tüten warf er ungeöffnet auf den Tisch. Rötlich funkelte es darin.
Wagner stand auf und ging zum Wohnzimmer hinüber. Die rote Lampe des Anrufbeantworters blinkte. Wahrscheinlich die Redakteurin des Anzeigenblattes. War vermutlich mit seiner Reportage zum diesjährigen Schützenfest noch immer nicht zufrieden. Sollte sie sie doch selber schreiben! Drei Fassungen für den hohlen Zahn, wo kam man da hin? Als ob er nicht schreiben könnte!
Er schaltete den Fernseher ein, der in der Ecke an der Wand hing, und trat zur Kommode, die schräg darunter stand, ein schweres, dunkles Möbel mit Löwenköpfen an den Türen. Er zog die obere Schublade auf und kramte darin herum.
Die Sprecherin erzählte etwas von Anschlägen in Bagdad, dann fing sie von den Düsseldorfer Modemessen an.
Wagner kramte weiter. Endlich zog er eine kleine Briefmarkenlupe hervor. Er ging wieder in die Küche und reinigte das Glas kurzerhand an einem Trockentuch, das achtlos über einer Stuhllehne abgelegt war. Die Einrichtung der Küche war eine wahllose Ansammlung von Einzelstücken. Ein kleiner Kühlschrank, ein Elektroherd, beide ehemals weiß und Secondhandware, an der rechten Wand ein antiquierter Nussbaum-Küchenschrank mit Brotkasten und Gewürzläden. Unter dem großen Fenster ein schwerer, runder Tisch und vier schlichte Stühle, alle für Wagner.
Er hatte die meiste Zeit seines Lebens allein gewohnt. Mittlerweile war er Anfang vierzig, ein Mann mit vollem, welligem Haar, das bis über den Kragen reichte, seine Ohren bedeckte und seinem Gesicht einen gutmütigen Ausdruck verlieh. So, wie man Wagner ansah, dass er nicht viel aus sich und seinem Äußeren machte, ohne dabei ungepflegt zu wirken, so tolerant vermutete man ihn gegenüber seinen Mitmenschen. Von diesem Mann ging keine Gefahr aus.



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978-3-938568-41-5, Mord und Nachschlag 2, 275 Seiten, Broschur, auch als E-Book in allen gängigen Formaten erhältlich für 1,99 EUR!